Mein persönlicher Jahresrückblick
Quo vadis ins nächste Jahrzehnt im 3. Jahrtausend.
Machen wir uns doch nichts vor. Das sage in Richtung der Älteren, die nach dem Krieg geboren wurden, aber die guten Zeiten noch miterlebt haben.
Was waren die „guten Zeiten“? Erinnern wir uns an die 70er Jahre. 25 Jahre nach Ende des letzten Krieges, - der Schutt war fast vollständig weggeräumt, und der Aufbau war in vollem Gange. Einzelne zerbombte Bauwerke erinnerten noch an den Krieg, wie z.B. die Frauenkirche in Dresden.
Es war Aufbruchsstimmung, - jedes Jahr erhöhte sich das BSP, wir kannten nichts anderes als Steigerung. In den 60er Jahren kamen die Gastarbeiter, weil die Wirtschaft das brauchte. Die Wenigsten blieben als „Gast“ und gingen wieder zurück, die meisten blieben.
Der Tenor lag auf dem „mehr“. Mehr Lohn, mehr Gehalt, mehr Artikel in den Geschäften, mehr Überstunden, mehr Freizeitwert, mehr Urlaub, mehr Weihnachtsgeld, etc. etc. Nichts war einfach nur mehr „genug“.
Ich erinnere mich an einen alten Mann, der mir in dieser Zeit sagte:
Das, was hier seit Jahren abläuft, ist unnatürlich, viel zu übertrieben. Die Quittung dafür wird kommen, - das kann nicht gut gehen. Gottseidank, werde ich das nicht mehr erleben.
Er sollte recht behalten, in allem. Ich habe es anfangs nicht geglaubt, - war ich doch das ständige Wachstum gewohnt, bin darin ja aufgewachsen. Aber irgendein komisches Gefühl hatte ich schon, dass der alte Mann vielleicht recht haben könnte.
Was hatten wir damals für Probleme?
Wer erinnert sich noch an die Ölkrise 1973 und die Sonntagsfahrverbote? Wir haben es locker genommen und sind auf der Autobahn spazieren gegangen. Was wäre denn heute? Chaos pur. Schalt mal nur die Mobilfunkantennen in einem Bundesland ab, - nur mal so für einen halben Tag. Welchen Aufstand würde das geben?
Was wir damals hatten, das war Vollbeschäftigung und jeder hatte ein gutes Einkommen, mit dem er auskam. 1973 gabs eine Arbeitslosenrate von 1,2% (= 273.000 Arbeitslose), die Zahl der Sozialhilfeempfänger lag bei 1,1%. In dieser Zeit verzeichnete man im Durchschnitt 8.600 Asylanträge jährlich, - ich könnte mich an keinen Vorfall aus dieser Zeit erinnern, wo es Probleme zwischen Einheimischen und Ausländern gab.
Allerdings reagierte die Politik noch zeitgerecht, wenn es etwas zu korrigieren gab, - z.B. trat 1973 der Gastarbeiterstopp in Kraft, um der Überfremdung Einhalt zu gebieten. Natürlich war das auch eine Folge der fühlbaren Rezession, - 1970 gabs noch ein BSP von 5,4%, und der Rückgang erreichte seinen Höhepunkt 1975 mit einem Minus von 1,1%. Kann man sich das heute vorstellen? Ein Minus im BSP? Da ginge doch die Welt unter….
Und trotzdem lebten alle gut, damals, sowohl in West als auch in Ost. Es waren die besten Jahre in Europa, trotz des Eisernen Vorhanges. Allerdings waren die Machtverhältnisse in der Welt auch anders gelagert. Die Amis bekamen unter Nixon und Ford durch die Situation in Vietnam kräftig auf die Mütze und hatten mit Rezession und Inflation zu kämpfen. Bei den Russen saß Breschnew fest im Sattel und war eine berechenbare Größe.
Und was war in Deutschland: Es waren die großen Jahre der Sozialdemokratie, unter Brandt und Schmidt. Vielleicht war nicht alles gut, was damals gelaufen ist, aber die Politiker waren bodenständiger, ehrlicher, zumindest glaubhafter. Namen wie Apel, Bahr, Arendt, Renger, Franke, Genscher, Wischnewski, die mir so auf Anhieb einfallen, waren viel eher mit dem Begriff „Anständigkeit“ in Verbindung zu bringen als die heutigen Namen der Politiker.
Was soll nun der nostalgische Rückblick?
Es gibt eine alte Weisheit des Wanderers, die da sagt:
Nur der, der weiß, von wo er herkommt, kann auch wissen, wo er hingeht.
Wir alle sind Wanderer auf unserer Welt, nichts ist auf Dauer; alles, was wir haben, ist schließlich nur geborgt. Es kommt der Tag, an dem wir alles zurückgeben müssen, denn das letzte Hemd hat keine Taschen.
Und damit komme ich schon auf einen wesentlichen Punkt:
Die Generation, die heute mitten im Arbeitsleben steht, also diejenigen, die nach 1980 geboren wurden, die kennen das alles nicht, wie es früher war. Sie haben keine Vergleichsmöglichkeit, zumindest nicht aus eigener Erfahrung. Irgendwann im Laufe oder gegen Ende der 80er Jahre hat der Irrsinn begonnen, in dem wir uns heute befinden. Einen entscheidenden Einfluss darauf hatte der Fall des Eisernen Vorhanges.
Es begann mit dem Versprechen von „blühenden Landschaften“ durch Kohl, es ging weiter mit einer völlig unüberlegten Europapolitik, wobei man in erster Linie auf die ständig wachsende Zahl der Mitgliedsstaaten schielte, aber die maßgeblichen Punkte vernachlässigte. Man baute erst das Dach des europäischen Hauses, - an die Fundamente wollte man dann später gehen. Damit meine ich z.B. die Einführung einer gemeinsamen Währung, obwohl die Sozialsysteme in den Mitgliedsländern so unterschiedlich waren wie Tag und Nacht. Bis heute ist nicht einmal die StVO vereinheitlicht.
Aber das betrifft nur unser näheres Umfeld. Schauen wir uns doch an, was heute auf der Welt passiert. Seit langem löst ein Konflikt den anderen ab, seit Jahrzehnten werden Kriege unter dem Vorwand geführt, den Völkern Demokratie zu bringen, und in Wirklichkeit geht es nur um wirtschaftliche Interessen und vor allem um die Rohstoffe. Wir alle haben die Folgen zu spüren und sehen mit großen Sorgen in die Zukunft.
Wer hat noch den Mut, langfristig zu planen? Das, was heute gilt, kann bereits in einem Jahr völlig überholt sein. Aber es gibt Bereiche im Leben, die eine langfristige Planung voraussetzen. Das beste Beispiel dafür ist die Familiengründung, der Kinderwunsch. Die jahrelange Ignoration dieses Bereiches hatte schwerwiegende Folgen. Das nun mit der Ansiedlung von anderen Kulturen zu „reparieren“, ist wiederum sozialer Sprengstoff in purer Form.
Ich sehe mir nur die Themen in den politischen Diskussionsforen an, insbesondere, was dabei dominiert. Die Frauen trauen sich in der Dunkelheit nicht mehr alleine auf die Straße, welches Auto man in Zukunft fahren soll, liegt völlig im Nebel, was man noch essen kann, um nicht krank zu werden, ist auch kaum beantwortbar, und ob wir im kommenden Jahrzehnt noch in Frieden in Europa leben können, weiß niemand. Nur einige Tage kompletter Stromausfall würde eine Industrienation wie Deutschland schon ins völlige Chaos stürzen.
Quo vadis, das war meine Frage zu Beginn.
Wohin geht der Weg nun im neuen Jahrtausend? Ich weiß es nicht, ich kann darauf keine Antwort geben. Ich weiß nur, dass die Sorgen für die Zukunft bei mir jährlich größer werden, - obwohl ich mich mittlerweile aus dem aktiven Arbeitsleben ausklinken werde. Für mich persönlich stellt sich nicht so sehr die Frage, wovon ich leben soll, sondern viel mehr, wie ich künftig leben werde.
Natürlich wird auch vieles diskutiert, viele dieser Probleme werden auch beim Namen genannt. Der Haken an der Sache ist, dass durch die spezifischen Interessen der politischen Parteien diese Punkte nicht gemeinschaftlich in positivem Sinne abgearbeitet werden, sondern sie werden als Wahlkampfstrategie missbraucht. Dafür braucht man aber einen großen Teppich, unter den man alles kehren kann, damit es nicht auffällt.
Diesen Teppich hat man zum Glück gefunden, - er heißt „Klimanotstand“. Mit diesem Zauberwort kann man von allem mit Erfolg ablenken, vor allem die jüngere Bevölkerung. Man verwendet Phrasen, Untersuchungen, wissenschaftliche Erkenntnisse, die weder von Befürwortern noch von Gegnern zu 100 % abgeklopft sind und als absolut gesichert gelten. Aber man führt das Volk dabei an der Nase herum, der Reiter (= die politische Führung) hält ihm mit der Stange die berühmte Möhre vor die Nase, und der Esel (= das Volk) trabt immer drauf zu.
Wie lange diese Strategie funktioniert, - wer kann das schon wissen. Irgendwann wird die Bombe platzen und die Leute werden aufwachen. Aber es wird schmerzhaft sein. Es erinnert mich an eine berühmte Rede, damals im Sportpalast in Berlin. Wandeln wir das mal auf die heutige Zeit ab:
Wollt ihr den totalen Klimanotstand? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?
Was danach kam, weiß heute kaum mehr jemand. Die Generation, die das mitgemacht hat, fällt schon aus biologischen Gründen nicht mehr ins Gewicht. Man kann es nicht vergleichen, wird vielleicht jemand sagen. Warten wir es mal ab. Richtigerweise müssten wir sagen, dass wir uns einfach nicht vorstellen können, wie sich das auf uns, auf unser ganzes Leben, insbesondere auf unsere Lebensqualität, auswirken wird.
Quo vadis? Sehen wir es mal wie Voltaire:
Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.
Bleibt uns also die Hoffnung. Und die stirbt bekanntlich zuletzt, wie der Dichter sagt.